Beim "Check-up zum Frühstück - Reicht Ihr Wissen für den digitalen Wandel?" der Handwerkskammer für München und Oberbayern am 9. Oktober gab es verschiedenste Foren, um sein Wissen zu überprüfen. Für mich neu war, dass die Kirche sich auch mit dem Thema beschäftigt und ein Vortrag dazu zu besuchen war. Interessant und klar ist ja selbst eine große Organisation. Aber wie sieht es mit den zu erwartenden gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung aus? Vielleicht gibt es von kirchlicher Seite Ideen dazu?

Über die Mitarbeit beim VDSI e.V. und dem Thema "psychische Belastung" am Arbeitsplatz kenne ich die Bemühungen vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Sozialversicherungsträgern, verschiedensten Verbänden etc., die Arbeit, bei aller Notwendigkeit der Digitalisierung, weiterhin gesundheitsförderlich zu gestalten. Es erfordert neue Konzepte, wenn der Mensch als soziales Wesen z. B. keinen Kollegen als Ansprechpartner mehr hat, sondern allein auf weiter Fläche agiert. Zudem ist es auch nicht sehr erfüllend für viele nur noch Knöpfchen zu drücken, nicht mehr selbst zupacken zu können, Maschinen denken zu lassen, etc.
In diesem Zusammenhang wird im Vortrag die Erfordernis von "menschengerechtem Wirtschaften" herausgestellt. Richtig, aber was bedeutet das? Den Firmen, der deutschen Wirtschaft allgemein und dem Mittelstand insbesondere, wird über die Medien täglich Angst gemacht, nicht schnell genug die digitale Transformation voranzutreiben und die Mitarbeitenden haben Angst bald nicht mehr gebraucht zu werden. Wie hier die Waage halten? Es wird ein permanenter Dialog zwischen Vertretern von ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen präferiert, um eine "Kultur des gleichberechtigten voneinander Lernens" zu schaffen. In Bezug auf die zunehmende Entgrenzung der Arbeit, durch die Möglichkeit von daheim etc. und wann man möchte zu arbeiten, sei es wichtig den arbeitsfreien Sonntag beizubehalten, um den heilsamen Effekt der Ruhe von der Arbeit sicherzustellen.

In den Dialog zu treten ist immer von Wert, aber was nützt das, wenn der Prozess der technologischen Veränderung nicht aufzuhalten ist und oben Beschriebenes eintritt? Auch die Kirche stehe vor der Herausforderung die Mitarbeitenden mit auf den Weg der digitalen Transformation zu nehmen. Aus meiner Sicht und vor dem Hintergrund der psychischen Belastung, ist aber nicht nur zu überlegen, wie man die älteren Mitarbeitenden mit auf den Weg nimmt. Aus eigenem Projekterleben weiß ich, dass Ältere durchaus Lust haben sich weiterzuentwickeln, es aber darauf ankommt wie dazu motiviert wird. Genauso wichtig ist es, junge Mitarbeitende, den 'Digital Natives' Perspektiven zu bieten. Diese Personengruppe hat nämlich -sicher nicht unberechtigt- Angst (Ergebnis einer Studie aus 2015), dass das was sie heute vorantreiben, dafür sorgt, dass sie Morgen nicht mehr gebraucht werden.
Und ob nun der Sonntag arbeitsfrei ist oder ein anderer Tag, ist aus meiner Sicht unerheblich. Wie viele Menschen arbeiten in einem Bereich, in dem Wochenendarbeit ganz normal  und notwendig ist? Wichtig und arbeitsmedizinisch erwiesen ist, dass man sich gezielt frei nimmt, seine Freizeit mit Gleichgesinnten verbringt, oder auch einfach mal ausspannt, zur Ruhe kommt. Freie Zeiteinteilung von vielen, bedeutet doch auch, dass man seinen Interessen mit anderen dann nachgehen kann, wenn man möchte und so vielleicht auch dem Rhythmus des berufsspezifisch am Wochende arbeitenden Partners anpassen kann. 

Es wird von einem "guten und gelingendem Leben" und in dem Zusammenhang von einer "soziokulturellen Veränderung" geprochen. Der Mensch will gebraucht werden und wir identifizieren uns mit der Arbeit. Ein Grundeinkommen sei daher nicht der Schlüssel und würde die Schere zwischen den noch im Arbeitsprozess steckenden und den schon nicht mehr Beteiligten eher noch vergrößern. Ja, die Digitalisierung wird viele Arbeitsplätze kosten, ganze Berufe werden wegfallen und auch wenn andere Qualifikationen gefragt werden, neue Berufe entstehen und die Arbeit nicht ausgehen, wie ich neulich las. Aber, so höre ich: Nicht jeder wird in der Lage sein, sich entsprechend zu qualifizieren. Also wie ein "gutes und gelingendes Leben" sicherstellen, denke ich mir, wenn wir uns über die Arbeit definieren, die aber in absehbarer Zukunft die künstliche Intelligenz zum großen Teil übernimmt? Dazu wird weiter ausgeführt, dass es ein "Haus der Gerechtigkeit" (bildlich) geben und die "Verteilungsgrechtigkeit" ein Baustein sein müsse und sehr wichtig sei. Sozialethisch grundlegend sei die Verwirklichung eines Menschenrechts auf Arbeit für alle.

Meiner Ansicht nach, ist es wichtig zu bedenken, dass wir nicht nur irgend was arbeiten, sondern auch einen Sinn darin sehen. In dem Punkt stimme ich zu, dass ein Grundlohn mit 'Rasenkantenzupfen' für alle nicht zielführend ist. Aber die häufig angeführte Lösung Pflegejobs besser zu bezahlen, um Anreize zu schaffen dort tätig zu sein, ist für mein Dafürhalten zu einseitig und etwas zu kurz gedacht. A) wird nicht jeder in die Pflege gehen können, wollen und auch nicht müssen, b) geht in dem Bereich die digitale Transformation auch seinen Weg, siehe z. B. den Service- und Pflegeroboter Pepper und c) wer soll das zahlen, wenn Angehörige jetzt schon Haus und Hof verkaufen müssen, so eine Rückmeldung aus dem Publikum.

Gut zu wissen, das auch die Kirche sich Gedanken zu dem Thema macht, aber offensichtlich ebenfalls kein Patentrezept hat wie wir mit den zu erwartenden soziokulturrellen Veränderungen sozialethisch umgehen können.

Bleibt also die Frage, was in Zukunft sinnstiftend für den Menschen sein kann, wenn die Arbeitskompetenz nicht mehr nachgefragt wird und das selbstfahrende Taxi und Co. einen allgemein guten Lebensstandard sicherstellt?  Womit könnten wir uns noch oder ersatzweise identifizieren? Ich bin gespannt ob in Bälde Beiträge von Ministerien, Verbänden, Kirchen etc. dazu zu lesen oder hören sind.

 

Autor: Petra Zander